Familienbildung
Familienbildung ist ein Angebot „zur Förderung der Erziehung in der Familie“ und beruht hauptsächlich auf § 16 SGB VIII. Familienbildugn als Teil der Kinder– und Jugendhilfe richtet sich schwerpunktmäßig an Erwachsene (Eltern; Erziehende). Obwohl die Familienbildung eine allgemeine Pflichtaufgabe des Trägers der Jugendhilfe ist, existiert keine verbindliche Definition. Einigkeit besteht darüber, dass Familienbildung präventiven Charakter hat (schwerpunkmäßig primärpräventiv) und demzufolge ein Angebot für alle Familien sein soll sowie, dass sie am Alltag von Familien und an ihren Interessen und Ressourcen anknüpfen und Erziehungskompetenzen der Eltern und die Beziehungen in Familien stärken soll. Umstritten ist, ob die Familienbildung in erster Linie sozialpädagogischen oder erwachsenenbildnerischen Charakter hat, wobei fachlicher Konsens darüber besteht, dass Elternbildung ein Teil der Familienbildung ist.
Pettinger/Rollik definieren Familienbildung wie folgt: „Familienbildung bereitet Familienmitglieder auf Phasen und Situationen in der Familienentwicklung durch Information und Erweiterung von Handlungskompetenzen vor. Sowohl nach ihrem gesetzlichen Auftrag als auch nach ihrem fachlichen Verständnis ist Familienbildung eine präventive Leistung“ (2005, S. 14).
Als erweiterte umfassende Definition schlagen Rupp/Mengel/Smolka u.a. (2010, S. 61 f.) vor:
„Familienbildung ist Bildungsarbeit zu familienrelevanten Themen und ein selbsttätiger Lernprozess. Angebote richten sich prinzipiell an alle Familien und alle Familienmitglieder und unterstützen mit Hilfe jeweils geeigneter Zugänge und Methoden das gelingende Zusammenleben und den gelingenden Alltag als Familie. Familienbildung fördert die Aneignung von konkreten Kenntnissen (Wissen), Fertigkeiten (Kompetenzen) und Informationsstrategien. Sie regt zur Reflexion der eigenen Rolle und des eigenen Handelns im Zusammenleben als Familie an und dient der Orientierung.
Familienbildung setzt an den Interessen und Fähigkeiten der Familie an, wobei sie deren Eigeninitiative nutzt und fördert. Sie dient dem erfahrungs– und handlungsbezogenen Lernen, schafft Gelegenheiten und setzt Impulse zum sozialen Austausch und zur gegenseitigen Hilfe. Dabei bezieht sie gesellschaftliche Strukturen wie auch individuelle Handlungsmöglichkeiten mit ein und ist so bestrebt, die gesellschaftliche Teilhabe von Familien zu stärken.
Familienbildung ist Aufgabe der präventiven Kinder– und Jugendhilfe, indem sie frühzeitig und lebensbegleitend Erziehende in der Wahrnehmung ihrer erzieherischen Verantwortung unterstützt und die Ressourcen zur Gestaltung des Familienalltags stärkt sowie junge Menschen auf das Zusammenleben in Partnerschaft und Familie vorbereitet. Familienbildende Angebote werden auch im Rahmen der Erwachsenenbildung vorgehalten. Sie sollen Möglichkeiten der Orientierung für die Lebensführung vermitteln und somit die Selbstverantwortung und Selbstbestimmung fördern.
Generelles Ziel aller familienbildnerischen Angebote ist es, dazu beizutragen, dass sich Kinder und Erwachsene in der Familie entfalten und entwickeln können und ein kinder– und familienfreundliches Umfeld entsteht.
Familienbildung hat vielfältige Formen und findet zum Beispiel in Kursen, Vorträgen, Gruppen und Projektarbeit, in offenen Gesprächsrunden und Einrichtungen der Selbsthilfe, aber auch in medialer Form statt. Sie verknüpft dabei gezielt Formen des institutionellen nichtformalen und des informellen alltagsbezogenen Lernens. Abzugrenzen ist Familienbildung von Angeboten der Unterhaltung und reinen Freizeitaktivitäten einerseits sowie von der klassischen Beratung und der therapeutischen Intervention andererseits. Allerdings ist es ihre Aufgabe, Schnittstellen und Übergänge in andere Formen der sozialen Unterstützung von Familien im jeweiligen sozialräumlichen Umfeld zu schaffen.“
Quellen:
Pettinger, Rudolf/ Rollik, Heribert: Familienbildung als Angeobt der Jugendhilfe. Rechtliche Grundlagen – familiale Problemlagen – Innovationen. Bundesarbeitsgemeinschaft Familienbildung und Beratung e.V., 2008.
Rupp, Marina/ Mengel, Melanie/ Smolka, Adelheid: Handbuch zur Familienbildung im Rahmen der Kinder– und Jugendhilfe in Bayern. Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb), Bamberg 2010.